Gatekeeper

Türsteher kennen wir alle. Sie bestimmen über unsere Bewegungsfreiheit. Es gibt sie nicht nur am Disco-Eingang!

In der Soziologie nennt man den Türsteher auch den Gatekeeper. Gatekeeper sind Personen und Institutionen, die an Schwellen darüber zu wachen versuchen, wer passieren darf oder nicht, was wahr ist, was falsch …

Religionen wachen über das Gute und definieren die Sünde, die Wissenschaft pflegt ihre Elfenbeintürme. Staatslenker manipulieren zum „richtigen“ Bürger, Parteien beanspruchen das „richtige“ Programm. Die etablierten Medien verteidigen ihre Informations- und Deutungshoheit. Jede soziale Gemeinschaft setzt sich ihr eigenes Regelwerk. Im Unternehmen bilden sich informelle Türsteher, die über selbstgebastelte Kodizes das inoffizielle Geschehen dominieren. Dubiose „Heiler“ verteilen ihre Drogen für das bessere Leben …

• Die Gatekeeper sind die Machthaber über das Wahre, Gute, Schöne. Sie haben die Hoheit über Grenzen; ihr Job: EIN-grenzen, AUS-grenzen, AB-grenzen. Ja-Sager sind innen, Zweifler bleiben draußen. Das Neue ist das Auszugrenzende, willkommen ist alles was den Status Quo sichert. So geschieht eine Selektion dessen, was wir glauben und befolgen sollen.
• Gatekeeping funktioniert populistisch: Es nutzt entsprechendes Vokabular, bietet einfache Lösungen für ein Wohlfühl-Innen und erzeugt Angst vor dem bösen Draußen. Gatekeeping verspricht Schutz vor Komplexität, vor Unsicherheit. Gatekeeper geben vor, alles im Griff zu haben. Dafür verlangen sie einen Preis: Das unbedingte Ja und die Bereitschaft, einen Teil der individuellen Freiheit zu opfern!
• Viele Menschen zahlen diesen Preis. Sie denken, der Preis für das AUS-Gegrenztsein sei vergleichsweise höher. Überall auf der Welt beobachten wir Tendenzen zum Mauerbau, zum Kokon, zur Gefolgschaft unter dem Diktat der selbsternannten Komplexitäts-Verhinderer.

Freiheit von der Kraft des Gegners

Komplexität ist weder verhinderbar noch reduzierbar! Das Unkontrollierbare ist nicht kontrollierbar! Die Apostel der einfachen Antworten sind Betrüger, die ihr Geschäft mit unserer Abhängigkeit machen möchten. Als mündiges Individuum müssen wir die Kompetenz aufbauen, mit Unsicherheiten zu leben und die Betrugsversuche zu erkennen.

Die Martial Arts bieten dafür nützliche Ansätze: Eines der Kraftprinzipien macht bewusst, dass wir uns von der Kraft des Gegners unabhängig machen können. Jeder kann zum Gatekeeper der eigenen Tabuzone werden und die Kraft ableiten. Jeder kann dem Gegner die Wirkungslosigkeit seiner Bemühungen signalisieren.

Wenn der Kaiser nackt ist, dann sagen wir ihm das!